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Julia Seeliger hat in einen Blogartikel für ihre Diplomarbeit gefragt, ob/wie man das Maß der Freiheit messen kann. Insbesondere geht es um den Unterschied zwischen „Lizenzen Freier Software“ (womit sie wohl *GPL meint) und den CC (wohl insbesondere die by-sa). Während die *GPL fordert, dass der Quelltext1 ebenfalls weitergeben wird, wird von CC-Musik nicht verlangt, dass die Tonspuren offengelegt werden; von CC-Bildern nicht die einzelnen Ebenen.

Diese Freiheit, die Julia beschreibt, möchte ich Copyleft-Freiheit nennen. Dies ist die minimale Freiheit, die jeder Weiterverbreiter jeder anderen Person gönnen muss. Die maximale theoretische Copyleft-Freiheit wäre, wenn es keinen (brauchbaren) Unterschied gibt, ob man der ursprüngliche Author ist oder nicht bzgl. der Weiterverwendung des Werkes. Insbesondere soll der ursprüngliche Author keine Informationen zurückhalten können, die verwertbar sind (auch von Material zum Herstellen des Werkes, wie herausgeschnittene Szenen eines Filmes). Das Gegenteil der Copyleft-Freiheit ist die anarchische Freiheit: die Freiheit die Freiheit anderen Leuten nicht weiterzugeben („die Freiheit Sklaven zu halten“).

Ursprüngliche Freiheit hingegen nenne ich die Freiheit, die ein Werk in seiner ursprünglichen Form hat. OpenSSH stellt eben auch den Quelltext (gemäß der Definition in der GPL) zur Verfügung, aber verlangt nicht, dass andere das auch tun. Die ursprüngliche Freiheit eines Werkes wird (im Gegensatz) zur Copyleft-Freiheit, aber nicht nur durch die Lizenz erreicht. Der Author von CC-Musik muss zwar nicht die einzelnen Tonspuren veröffentlichen, er kann dies aber. Und wer seinen Mitmenschen das kreative Remixen und Bearbeiten erleichtern will, der sollte dies auch (leider nicht von der CC thematisiert, so dass die meisten Menschen nicht einmal auf den Gedanken kommen ihre Quellen mit zu veröffentlichen; der CC-Film Big Buck Bunny bietet hingegen auch das „Entire Studio backup“ an). Ein Werk mit wenig Copyleft-Freiheit (z. B. CC by oder BSD-Lizenz muss also keinesfalls weniger Frei sein als ein Werk mit mehr Copyleft-Freiheiten (z. B. AGPL).

Nun, warum wollen einige Leute sich auf die ursprüngliche Freiheit beschränken statt Copyleft-Freiheiten (z. B. Apache-Lizenz statt GPL) zu haben, wenn man keinen Wert auf die anarchische Freiheit legen? Dadurch, dass man verlangt, dass diese Freiheiten weitergegeben werden, muss der Künstler/Programmierer verschiedene Verpflichtungen einhalten. Bei der Mozilla Public License u. a. wird verlangt, dass der Quellcode 6 Monate lang nach der Veröffentlichung (im Gegensatz zur GPL, bei dem man aus drei Möglichkeiten wählen darf2) bereitstellt. Diese Verpflichtung ist so groß, dass die Linuxdistribution Debian, diese sowohl als unzumutbar ansieht und selbst nicht in der Lage ist diese zu erfüllen. Bei der GNU FDL andererseits wird verlangt, dass die Lizenz mitgegeben (und nicht nur einen Link dazu), was problematisch ist, wenn Bilder für einen Flyer oder Poster verwendet werden (oder aus anderen Gründen der Platz stark limitiert ist). Die Freiheit sich nicht, um weiteres kümmern zu müssen bezeichne ich im Folgenden die „Kummerlose-Freiheit“ (Namensvorschläge sind Willkommen).

Wenn wir also nun eine freie Lizenz nach ihrer Freiheit klassifizieren wollen, haben wir drei verschiedene Freiheiten: die Copyleft-Freiheit, die ursprüngliche Freiheit und die Kummerlose-Freiheit. Bezüglich der ursprüngliche Freiheit sollte man eventuell auch die Lizenz als Ökosystem ansehen und sich fragen, welche ursprüngliche Freiheiten über dem Minimum hinaus meistens gegeben werden. Die maximale ursprüngliche Freiheit ist bei alle freien Lizenzen gleich und maximal (im Gegensatz zu proprietären Lizenzen wie CC by-nc und CC by-nd), da eine Freie-Lizenz nichts unmöglich machen darf, höchstens der Aufwand für bestimmte Anwendungsbereiche steigen (was durch die sinkende Kummerlose-Freiheit berücksichtigt wird).

Vergleichen wir nun die GNU Lizenzen (GPL und FDL) und die CC Lizenzen, so ist auffällig, dass diese andere Schwerpunkte setzen. GNU Lizenzen versuchen „aggressiv“ die Freiheiten zu verteidigen und somit eine besonders große Copyleft-Freiheit zu erzielen, während die CC Lizenzen versuchen eine möglichst große Kummerlose-Freiheit zu haben. Werke unter CC Lizenzen (by-sa) brauchen nur eine minimale Modifikation (Logo und URLs reichen aus), während ein Werk unter der GNU FDL u. a. eine transparente Kopie3, sowie die oben erwähnte Beifügung der Lizenz.

Ich hoffe ich habe mit diesem etwas langgeratenen Blogeintrag einige Aspekte der unterschiedlichen Lizenzphilosophien oder zumindest einige Denkanstöße dafür gegeben zu haben. Der Julia wünsche ich viel Erfolg bei der Diplomarbeit.

Nachtrag: Auf Freedomdefined gibt es eine Tabelle freier Lizenzen (englisch), die insbesondere auch den Schutz gegen DRM, Rechte für Aufführungen (und ähnliche Rechte), sowie ob auch praktischen Veränderungen am Werk (ob „Quellen“ mitgeliefert werden müssen) der einzelnen Lizenzen auflistet. Nicht vergessen sollte man jedoch, dass die Wahl einer weniger verbreiteten Lizenz immer Kompatibilitätsprobleme beim Zusammenführen verschiedener Werke mit sich führen kann.


  1. „Form des Werkes, die für Bearbeitungen vorzugsweise verwendet wird.“ (GPL 3.0, LIZENZBEDINGUNGEN 1. Quelltext)

  2. GPL 3.0, LIZENZBEDINGUNGEN 6. Übertragung in Nicht-Quelltext-Form

  3. GNU FDL 3. Vervielfältigung großer Mengen

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